Firmwareupdate im Hammer 2000 Pro

Früher, in der sog. guten alten Zeit, konnte man noch Werkzeuge kaufen, die zu 100% aus Hardware gefertigt waren. Da bestand z.B. ein Hammer aus einem stabilen Holzstiel und einem meist gehärteten Kopf aus Stahl.

Wollte man einen solchen Hardware-Hammer nach zehn Jahren Aufbewahrungszeit in einer Werkzeugkiste benutzen, so nahm man ihn einfach in die Hand, schlug den Nagel in die Wand und der Hammer wanderte wieder in die Werkzeugkiste. Für die nächsten zehn Jahre.

Hardware-Hammer
Pure Hardware – Hammer

Doch die Zeiten sind vorbei. Jetzt gibt es den Hammer 2000 pro! Will man mit diesem neuzeitlichen Hammer einen Nagel in die Wand schlagen, so wird man nach zehn Jahren der Nichtbenutzung feststellen: die Batterien sind ausgelaufen und der Hammer ist inzwischen total unbrauchbar geworden. Oder man hat Glück, die Batterien sind nicht ausgelaufen, sondern nur leer. Jetzt schnell für zwei Stunden ans Ladegerät und schon ist der Hammer für die nächsten zwei Minuten zum Hämmern bereit. Der Akku hat leider über die Jahre den größten Teil seiner Kapazität verloren. Also schnell den Nagel in die Wand, bevor der Akku wieder schwächelt. Falsche Stelle – na ja, Hauptsache der Nagel ist drin.

Auch andere Szenarien sind denkbar: Der Akku ist noch halbwegs brauchbar, aber nur entladen. Nach einigen Stunden am Ladegerät würde er wieder hämmern, wenn nicht die Firmware inzwischen total veraltet wäre und einige Updates anstünden. Leider ist an der Stelle, an welcher der Nagel in die Wand soll, gerade kein W-Lan-Netz vorhanden. Also auf Netzsuche begeben. Netz gefunden, jetzt nur noch mit gültigem Benutzernamen und Kennwort einloggen, die 20-seitige Nutzungsvereinbarung bestätigen und schon würde das Update laufen.

Aber, das damals selbstgewählte Kennwort “MeinHammer” entspricht nicht mehr den neuesten Sicherheitsbestimmungen. Inzwischen sind für das Kennwort mindestens 20 Zeichen, davon 5 Sonderzeichen Pflicht. Das Passwort “u=E-/#N;YX5GAV27TVrP” wird endlich akzeptiert und man ist jetzt auch froh, den Hammer vor unbefugter Benutzung ausreichend geschützt zu sehen. Wer weiß schon, wer da sonst alles Zugriff hätte…

Leider ist das Update auf die Version Hammer 10.7 inzwischen auf mehrere Gigabyte angewachsen und passt nicht mehr auf die damals verbauten 2MByte RAM. Der Hammer ist also wieder unbrauchbar.

Szenario 4: Die Firmware passt, der Speicher war damals zum Glück groß genug gewählt. Jetzt muss sich der Nutzer nur noch zwischen verschiedenen Modi entscheiden. Ansetzschlag, Impulsschlag, Dauerfeuer, Bohrhämmern, Impulssalven, Vergeltungsschlag usw.. Schnell noch den zum Modus passenden Wandwerkstoff, die Impulsform und -dauer sowie Energie eingestellt, und schon kann es losgehen. Aber, es erscheint eine Fehlermeldung auf dem Display:

Fehler: Der Wandwerkstoff Beton ist nur in der Enterprise-Edition verfügbar.

Also im Menü den Wandwerkstoff Stein gewählt. Wird wohl auch funktionieren. Aua, gegen den eigenen Kopf gehauen? Wie konnte das passieren? Ah, die Wirkrichtung stand auf “Reverse”!

Mit einem solch modernen Werkzeug ausgestattet sollte man bei Reisen zu Montagezwecken in Nicht-EU-Länder aufpassen. Unter Umständen wurde mit dem letzten Firmware Update die automatische Suche und Installation neuer Firmware aktiviert. Und bei den Roamingkosten in Nicht-EU-Ländern kann dies leicht zu einer Belastung der Kreditkarte im dreistelligen Bereich führen.

Außerdem wird dank GPS- und Funkmodul jeder Einsatz des Hammers protokolliert. Zusätzlich werden der Einsatzort, der Benutzer und die Zahl der dort getätigten Schläge in Real-Time in die Hammer-Cloud geladen, auf deren Daten die zuständigen Finanzbehörden, die Krankenkasse und die CIA schon lange Zugang haben. Die durchschnittliche Bruttoeinnahme je Hammerschlag kommt sofort Einkommenssteuerlich zur Anwendung. Die Krankenkasse erkennt überdurchschnittlich hohe Schlagzahlen und leistet ab sofort bei Verschleißerscheinungen an Handgelenk und Ellenbogen nur noch gegen erhöhte Beiträge.

Man wird vielleicht auch von amoklaufenden Hämmern hören, die nach dem Starten im Dauerfeuermodus vom Bediener nicht mehr zu bändigen waren und in einer Endlosschleife ihr zerstörerisches Werk bis zum Ende der Akkulaufzeit weitertrieben.

Kryptische Fehlermeldungen wie “Allgemeine Schutzverletzung in Modul 47” werden auf den Displays der Hämmer erscheinen.

Inzwischen ist alles voller Firmware. Das Ursprünglich beim Kauf gut durchdachte Produkt wird durch die regelmäßige Rückentwicklung und ständige Veränderung des Erscheinungsbildes zunehmend unbrauchbarer. Pickelgesichtige Milchbubis ohne Praxisbezug designen Schaltflächen auf die Größe von Stecknadelköpfen, die von einem Handwerkerfinger gar nicht mehr exakt getroffen werden können. Das seit Monaten vertraute Erscheinungsbild ändert sich plötzlich komplett. Wichtige Schaltflächen sind jetzt plötzlich unten links statt oben rechts oder gar auf einer anderen Seite in einem Untermenü verborgen. Es ist so, als wäre das Bremspedal bei einem Auto mit jedem Update an einer anderen Stelle.

Nicht nur der Hammer degeneriert, auch die Bediener mutieren zu Software-Usern. Das geht so weit, dass die Benutzer mit einem klassischen, reinen Hardware-Hammer nichts mehr anfangen können. “Wo wird das Ding denn eingeschaltet?” fragen die sich bald.

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